Montag, 11. September 2023

Das Ding mit der Freiwilligkeit bei Pferden - Was ist die letzte Konsequenz?



Ich habe da einen schönen Artikel gefunden, über den Umgang mit der Freiwilligkeit bei der Zusammenarbeit mit Pferden von Tanja von Salzen-Märkert


Ich möchte gern den Kommentar, den sie am 29. August 2023 auf Facebook geteilt hat hier zittieren, ich kann leider keinen Link dazu setzen. Der Artikel ist toll geschrieben und regt zum Nachdenken an. 

Zitat:

Seien wir ehrlich!
Das Ding mit der Freiwilligkeit ist für die meisten ein zweischneidiges Schwert...
- früher oder später fordert das Denken der TOTALEN FREIWILLIGKEIT ihren Tribut! Darauf sollte man/frau vorbereitet sein...
Ich komme gerade von einer sympathischen und was Pferde, ihre Versorgung und Haltung betrifft, fachkundigen jungen Frau, die ihr erstes eigenes Pferd ausbildet.
Sie hat es bereits als Fohlen gekauft und zu sich auf den heimischen Paddock geholt.
Dort lebte es in den vergangenen Jahren mit 4 Stunden Weidegang täglich in einer kleinen Gruppe mit 4 sehr gut zueinander passenden Pferden. Die Herde ist sehr harmonisch, es gibt nur ganz selten Auseinandersetzungen. Es herrscht Frieden und es fühlt sich an wie ein Ort, um aufzutanken...BEI DEN PFERDEN...
Es gibt diese 4 Stunden Weidegang pro Tag, daneben Heu/Stroh-Mix ad libitum, täglich ein paar Mineralbricks und das Rundum-Sorglos-Paket aller erdenklicher Fürsorge.
Selbstverständlich hat die junge Frau versucht, alles harmonisch und fair in die Wege zu leiten in puncto Zusammenarbeit. Schliesslich "soll das Reiten später Freude und nicht Zwang sein", so ihre sehr löbliche Denke.
Sie schulte im täglichen Umgang
- Kooperation,
- "eigenständiges" Denken (in dem Rahmen, in dem es
überhaupt etwas zu denken gibt),
- prompte Reaktionen auf Druck und körperliche Ansprache
- sie kann ihr Pferd selbstverständlich überall berühren, ab- und einsprühen, manövrieren,
- sie kann frei aufsitzen während es frisst und oben alle möglichen Bewegungen machen, ohne dass es sich erschreckt oder ängstigt.
- es allein auf einen Transporter verladen, hinein - und nach einer Pause sicher wieder heraus.
All das wurde immer und stets im Alltag gewissenhaft eingebaut, so, wie es sich ergab - und auch nur, wenn es einen Anlass dazu gab und sich die Situation förmlich anbot. Sie wollte ihren geliebten Chat niemals überfordern - das war ihr Versprechen ihm gegenüber. Alles sollte möglichst harmonisch und freiwillig ablaufen. Sie wollte, dass sie Freunde seien... Wahrhaftige Freunde, die die Freude des Lebens miteinander teilen würden...
Nun, in diesem Jahr ist Chat 5jährig und ein ausgewachsener Bursche.
Und es stellt sich heraus: gross ist er geworden!
Körperlich UND in seinem Selbstbewusstsein.
Er ist stark, klar, eindeutig, führt die Herde wie kein zweiter nur mit Mimik und seinem Ohrenspiel... Alle Pferde scheinen ihn zu mögen UND haben gleichzeitig Respekt vor ihm... Er ist muskulös und eine wahrhaftige Erscheinung. An Hormonen scheint es ihm trotz Kastration nicht zu mangeln - ein Hingucker!
Er hat in der Vergangenheit wie einst versprochen erlebt, dass er IMMER mitentscheiden durfte:
- ob er heute einen Sattel ausprobieren möchte, oder nicht.
- Ober JETZT die Hufe geben möchte - oder erst später.
- Ob er diesen Hufschmied möchte - oder einen anderen.
- Ob er sich JETZT an den Aufstieg stellt, so dass seine Halterin aufsteigen kann, oder nicht...
- und wann sie wieder dorthin transportiert wird, um abzusteigen (für gewöhnlich nach 2,5 Runden in der kleinen Halle am Paddock).
Und mit wachsender Erfahrung hat Chat sich jetzt ausgedacht, dass er - wenn er schon die Wahl hat - keine Lust mehr auf das alles hat. Freiwillig nutzt er seinen ihm eröffneten Raum und frei und willig gemäß seiner Tagesverfassung zu entscheiden...
Das hat er nicht nur über die Tierkommunikation mitgeteilt, sondern auch körpersprachlich mit reger Dynamik und deutlichem Ausdruck.
Die neue Frei-Willig-Keit wird jetzt von Chat höchstpersönlich eingefordert:
- Er mag keine Trense mehr anziehen (erst gab es darüber einige Diskussionen, weil mit 4 1/2 nochmal Zähne kamen - jetzt hat er entschieden: Es bleibt dabei - KEINE TRENSE ).
- Dann hat er entschieden, die Herde, in der er seiner Meinung nach so dringend gebraut wird, nicht mehr zu verlassen,
- dann gab er die Hinterhufe nicht mehr ohne grösseren Aufstand,
- nun gibt er gar keine Hufe mehr, ohne zu Schnappen,
- die Halle und das Stellen an den Aufstieg wird teils verweigert - auf freiwilliges an den Aufstieg stellen kann man lange warten - tt er nicht mehr,...
- und in den Anhänger geht er auch nicht mehr, da er sich gar nicht mehr vom Paddock bewegen lässt.
"WIESO das alles, obwohl es NIE eine negative Situation, einen Unfall oder etwas anderes Beeindruckendes gab???", ist die Frage, mit der mich die Halterin anrief.
Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: man brachte ihm bei, auf seine Natur zu hören - und das tut er jetzt.
Das ist doch gut - oder nicht?
Darum ist man doch nie konsequent gewesen - um IHN nicht zu beschneiden - oder?!
Was anderes hätte er daraus lernen sollen oder gar können, wenn nicht "die eigene Wahl und Kraft zur Mitentscheidung zu haben"?!
***
Viele meiner Kundinnen stehen an diesem Punkt und befinden sich in einer Sackgasse.
Nimmt man die Scheuklappen von den Augen, zeigt sich, dass diese Sackgasse aus versehen selbst gemacht ist... an wichtigen Schlüsselmomenten nicht weit genug gedacht...
Besonders schlimm ist es für Pferde, die für JEDE eingene Entscheidung auch noch Leckeres verabreicht bekamen... Das hiess nämlich, die eigene Entscheidung hat einen XXL-Wert!
Und das merken sie sich selbstverständlich.
Ist doch gut - oder? Oder wofür sonst kam die Leckerei ???
***
Ich stand selbst dreimal mit eigenen Pferden an dieser Schwelle.
> Den einen hatte ich aus solch einer Freiheitserziehung übernommen, bevor er seiner Besitzerin wohlmöglich noch zu töten versuchte. Nachdem sein freier Wille und demzufolge sein Freiheitsdrang auch bei uns auf dem Hof mit viel Platz nicht in der Form möglich war, wie das, wohin er hineingezogen/erzogen wurde, landete in einer grossen Depression. Die einzige Heilung damals schien: ihn frei zu lassen.
... Er musste eines Tages erlöst werden. Gefangenschaft und Weisungen im Alltag hielt er nicht mehr aus.
> eine weitere Stute konnte das mit dem Reiten für sich nicht mit-(er)-tragen und ist das Bodenarbeitspferd bei einer Freundin gewordener, der es nie in den Sinn kam, sich auf ein solches Pferd zu setzen
> meiner jetzigen Stute steht es frei, geritten zu werden oder nicht. Und sie hat Glück: denn ICH bin jetzt die, die sich die Freiheit nimmt, das nicht mehr zu wollen!
Sie liebt ihre Freiheit sehr und geniesst ihr Leben.
Zu meinem Bedauern reitet sie aber gerne aus. > Wir haben also nach einer leichteren Frau als mich gesucht, um ihr diesen Genuss zu ermöglichen.
Und manchmal, wenn sie zart und betörend, fast etwas aufdringlich genug ist, schafft sie es, MICH zu überzeugen, auf ihren Rücken aufzusteigen. Sie transportiert mich dann, als wäre ich ihr Schatz und passt wunderbar auf, dass ich mir den Rücken nicht erneut wehtue...
Und dann ist es da, das Gefühl vollendeter Zusammenkunft.
Was ich damit sagen will: es gibt diese Pferde, die sich gerne reiten lassen. Oder die, die einen mitnehmen, weil man der Schlüssel für das Öffnen der Pforte in Menschengestalt ist, was wiederum einen Ausflug in die Natur und die Weite bedeutet...
Jedoch entscheiden die meisten Pferde, die ich kenne, sich für
- das Leben mit den Artgenossen,
- das Bleiben in der Herde,
- das Übernehmen einer Position innerhalb der Gruppe, die sie nicht sich selbst überlassen wollen
- die vollkommene Entscheidungsfreiheit
- jederzeitiges Umentscheiden (Was wirklich sehr gefährlich werden kann)
...vor allem, wenn bis dahin ALLES FREI UND WILLIG WAR!
Wer also ein Reitpferd haben möchte, für den ist es unumgänglich, seinem Pferd in Sachen Frustrationstoleranz zu schulen und es somit MENSCHEN-KONTEXT-ALLTAGSTAUGLICH zu erhalten.
Ansonsten hat man nämlich nicht zu einem Partner herausgebildet, sondern für einen dopamin- und erfolgsverwöhnten Junkie, dessen Wohlgefühl abhängig ist von der eigenen Wahl; dem Erfolg. Die Sucht (=Suche nach Erfolg und Depression liegen nah beieinander).
Nimmt man ihm dann die Wahl, kann er nur wütend oder traurig werden.
Einige werden Furien, andere depressiv und krank ->>> es sei denn, ihr habt die Wahl sie freizulassen!
Und ob das dann das ist, was sie sich ersehnten, stelle ich mal arg in Frage - denn : SIE KÖNNEN KEINE VORSTELLUNG DAVON HABEN, WIE SCHWIERIG ES HIER IST, 365 TAGE WILDPFERD ZU SEIN... Darauf sind die meisten von ihnen weder vorbereitet noch reif genug. Auch hatten sie keine Vorbilder...
Fazit: Ich kenne aktuell mehr Pferde, die sich nach Freiheit und Auswilderung sehnen, denn je....
...und unter Umständen hat das mehr mit uns und unserem Gefühl zu tun, gefangen zu sein (in sich selbst, innerhalb der Gesellschaft...), als mit ihrem...
Wenn das die Wahl unserer Pferde ist (und nicht unsere provozierte projektionsorientierte Erziehung von dem, was wir uns selbst für UNS wünschen), dann sollten wir darüber nachdenken, wie das umsetzbar ist: diese
NEUE PFERDEWELT!
P.S. Es gibt übrigens genügend Wildpferdeprojekte, bei denen man Patin eines betreuten, aber halb-wilden Pferdes sein kann. Ich halte das für einen schönen Anfang!!!
Bei allem, was ihr tut oder entscheidet, denkt bitte daran: es geht AUCH UM EUCH! Und es geht um einen praktikablen Weg ...
Ich kenne nur wenige, die glücklich sind, ein Wildpferd zu supporten.
Was für mich grösster Wunsch und Ziel ist, ist noch lange nicht für jede/n ein Vergnügen!!!
Ein Ausschnitt meiner täglichen Arbeit und zum Nachdenken - nicht zum Diskutieren gedacht....
Be. Das Projekt. Bist Du selbst!

Tanja von Salzen-Märkert 

Zitat Ende"

 
Lisa Peters: pferd.24-hs.de

Dienstag, 31. Januar 2023

Vertraue deiner Intuition - Linda Tellington-Jones


Buch gleich bestellen


Lege dein Herz in deine Hände und die Hände auf dein Pferd.

Dieses Buch ist eine Geschichte von Linda und ihrer Familie. Die Erzählung, wie sie zu ihrer "Lebensphilosophie" kam. Die Einheit vom Menschen mit der gesamten Schöpfung und ihrer Verbundenheit zu den Tieren.

Auch der Erkenntnis, dass wir alle verbunden sind, nicht nur den geliebten Tieren um uns herum, sondern auch ihren Menschen, denke ich. Wir sind nicht getrennt von irgendetwas, wir sind alle verbunden und auch wenn es Jahre dauert, oder sogar viele Leben, finden wir uns irgendwann wieder.

Wir haben das auch alle im Gefühl, wenn wir uns begegnen, wenn wir genau hin spüren.
Linda gibt uns Anleitung dazu, wieder genau hin zu fühlen. Indem wir mehr von ihrer Geschichte erfahren, lernen wir auch zu verstehen, wo wir uns alle zu Hause fühlen können, nämlich überall da, wo es unser Herz hinzieht.

Lassen Sie sich auch von dem wundervollen TTouch berühren, den Linda uns vermitteln kann.

Lisa Peters: pferd.24-hs.de

Dienstag, 10. Januar 2023

Eingewöhnung eines neuen Pferdes


Oben ist ein besonders aussagefähiger Videoausschnitt von einer Eingewöhnung zu sehen, es betrifft hier Dobby`s Eingewöhnung.
Hier unten noch ein paar weitere Playlists von verschiedenen Pferden bei der Eingewöhung, sie zeigen auch jeweils nur Ausschnitte des ganzen Prozesses:

Nero (Hengst-Jährling) bei der Eingewöhnung in die Jungsgruppe Nero war schon eine Weile angrenzend bei der Gruppe, aber nur mit der Stute zusammen gestanden, weil die großen Jungs das Fohlen nicht gleich bei sich geduldet hatten. Mit rund 2 Jahren ist er dann größtenteils mit den Jungs zusammen gestanden, hat aber immer wieder mal zu seiner Ziehmama gewechselt. Er wurde mit 18 Monaten kastriert, als er anfing Interesse an der Stute zu zeigen.

So machen wir es konkret, obwohl wir natürlich alle Eigenheiten der jeweiligen Pferde in Betracht ziehen:

Ein neues Pferd ist zu uns an den Stall gekommen.
Dafür wird erstmal ein Bereich abgeteilt, damit sich die Tiere beschnuppern können und sicher abgetrennt sind.

Wenn die ersten Anzeichen da sind, dass sie nicht mehr aufgeregt sind und sich beruhigt haben, dürfen sie sich einzeln unter Aufsicht auf einer größeren freien Fläche kennen lernen. Nachdem alle zusammen bekannt sind, nach und nach dann auch mal alle zusammen auf dem Platz waren, darf der Neuling erstmal allein den Auslauf und Stall besichtigen. 

Dann machen wir es wieder so: jeden Tag mal ein anderes Pferd dazu zum gemeinsamen erkunden. Dann schauen wir, wie sie sich benehmen und lassen sie erst stundenweise unter Aufsicht alle zusammen und später dann tagsüber und nur noch nachts abgetrennt. Sollte nach ein paar Tagen alles ruhig bleiben, dürfen sie auch die Nacht zusammen verbringen. 

Es dauerte bisher von 5 Tagen bis zu 6 Monaten, bis ein Pferd ordentlich integriert war. Das sind zwar Ausnahmen, aber alles ist möglich. Das Pferd, das am Längsten brauchte, war sehr futterneidisch, er konnte sich nicht abfinden damit, der Rangniedrigste zu sein, war futterneidisch und hat immer wieder die anderen Pferde an der Heuraufe gebissen. Selbst den Chef hat er böse gebissen. Der war trotzdem aber immer wieder bereit ihn mit fressen zu lassen. 

Der Unruhestifter hat uns zum Glück irgendwann wieder verlassen.

Lisa Peters: pferd.24-hs.de

Pferd gekauft und schon gibt es Probleme?


Ein Traum ist für uns wahr geworden und wir haben uns ein eigenes Pferd gekauft. Natürlich wollen wir nur das Beste für das Pferd. Wir freuen uns ja, dass es da ist und wollen ihm nur Gutes tun, haben auch einen guten Stall für es ausgesucht. Natürlich erwarten wir auch dafür, dass es brav ist und gut mitarbeitet. Wir können es ja auch kaum erwarten, dass es los geht, wir haben schon viel zu lange darauf gewartet. Aber nun funktioniert es nicht so, wie es soll?
Als wir es uns angesehen haben, sah das Bild ganz anders aus. Es war lieb und hat auch wunderbar funktioniert beim Probereiten. Was ist da jetzt plötzlich los?

Um nun eine Lösung zu finden, sollten wir das Problem mal aus der Sicht des Pferdes betrachten. Es wurde aus seinem bisherigen Leben gerissen, egal wie schön oder schlecht das gewesen sein mag. Es war sein Leben. Seine vertrauten Stallgesellen, eventuell ein lieber Pferdekumpel, ein besonderer Freund oder eine besondere Freundin. Das hat ihm bisher Sicherheit gegeben um zu überleben. Die Grundbedürfnisse des Pferdes sind Futter, Wasser, Sozialkontakte und eine sichere Umgebung. Eventuell auch ein Mensch, den es gewohnt war und dessen Routinen ihm Sicherheit gaben.

Unser neues Pferd ist nun von all dem weg gerissen worden. Das hat es sich nicht freiwillig ausgesucht, es ist also erstmal nicht gerne von dort weg. Es spielt dabei erstmal keine Rolle, wie gut oder schlecht es vorher behandelt worden ist. Es weiß auch nicht, was auf es zukommen wird. Also ist es erstmal total verunsichert. 
Mußte es bisher einfach nur funktionieren, kann es sich keine Vorstellung davon machen, dass es ab jetzt anders sein könnte. Wurde es gut behandelt, versteht es erst recht nicht, warum es plötzlich die gewohnte sichere Umgebung verlassen musste, die für sein Überleben ja elementar  wichtig ist.

Es ist fremd in einer fremden Umgebung und muss nun sehen, wie es zurecht kommt. Vielleicht hat es Glück und bekommt eine schonende Eingewöhnung, vielleicht sogar in einer kleinen Herde und nicht in einer Box. Auch da muss es erstmal seinen Platz in der ganzen Rangordnung finden. Vielleicht hat es auch noch mehr Glück und kann die neue Herde erstmal aus einer sicheren Distanz kennen lernen und muss sich nicht sofort damit auseinander setzen.

Es ist aufgewühlt, vor der ungewissen Zukunft, hat erstmal Angst im fremden Stall und muss sich nun erstmal gegen die anderen Pferde durchsetzen oder sich mit ihnen arrangieren. Diese wollen ja erstmal nichts mit einem fremden Eindringling in der bestehenden Herde zu tun haben Es muss sich vielleicht auch um sein Futter sorgen. Dann sind auch fremde Menschen da, die es noch nicht kennt und die es verstehen lernen muss. Vielleicht hat es auch dabei Glück und wir können unserem neuen Pferd anhand einer klaren Körpersprache gut vermitteln was wir von ihm wünschen. Dann kann es sich unserer klaren Führung gut anschließen und sich entspannen. 

Aber vielleicht läuft es nicht so entspannt in der neuen Umgebung? Mit den anderen Pferden? Den anderen Stallbedingungen und neuen Menschen? Im fehlt ja zuallererst mal Sicherheit. Wenn es die nicht findet, wird es erst mal alles aus dem Ruder laufen. Vielleicht hat das Pferd auch gesundheitliche Probleme, die man auf den ersten Blick nicht sehen kann und der Vorbesitzer verschwiegen hat? 

Was kann ich jetzt als Mensch tun? 
Wenn alle gesundheitlichen Probleme abgestellt sind, gutes Futter, darf es auch ohne Stress fressen? Hat es ausreichend Mineralien, das kann im Blutbild festgestellt werden, chiropraktische Untersuchung, da schaut man mal auf die offensichtlichen Dinge. Ist das Pferd zu dünn, musste es hungern, hat es Magenprobleme, ist es zu dick und hat Gelenkprobleme, sind die Zähne in Ordnung, Hufe in Ordnung? Kann es gut sehen? Hat es Gebäudefehler, die letzendlich zusammen mit unserer Konstellation zu Problemen führen? Passt sein Sattelzeug wirklich? In welchen Situationen treten Probleme auf, schon von daher lassen sich etliche Rückschlüsse ziehen. Man muss bei extremen Problemen auch in Betracht ziehen, dass ein Pferd für die Besichtigung ruhig gestellt wurde.

Ich sollte auf jeden Fall dem Pferd gut vermitteln können, dass ich eine klare Führung bieten kann und es sich bei mir sicher fühlen kann. In den wenigsten Fällen ist dies leider so, weil wir ja immer noch Menschen sind, die zum größten Teil eben noch ein anderes Leben haben, weit weg von Pferden. Der Anteil an "Pferdezeit" ist meist ein sehr kleiner, verglichen mit der restlichen Zeit unseres Lebens. Deswegen haben wir auch meist nicht die Übung darin, die Führung einer Herde zu übernehmen, mit allen Pflichten und Privilegien, die das so mit sich bringt. Wir haben uns ja deswegen auch ein ausgebildetes Pferd gekauft, von dem wir annehmen wollten, dass es problemlos zu uns passt.

Unser Pferd sieht uns aber nun auch als Teil seiner neuen Herde. Abgesehen von seinen Stallkumpels, die ja auch dazu gehören. Es muss nun seinen neuen Platz in der Hirarchie finden. Bei den Pferden und den Menschen. Wir sollten ihm dafür genügend Zeit geben und nicht gleich von Anfang an von ihm verlangen, wie gewohnt zu funktionieren. Das kann beim einen kürzere Zeit dauern, beim anderen länger. Ich rede hier von Wochen bis Monate falls es ungünstig läuft. Es kann auch sein, ein Pferd gewöhnt sich nie an eine neue Konstellation.

Falls wir also nicht die absoluten Pferdekenner sind, ist es hilfreich, wenn wir einen kompetenten Trainer dazu holen, der uns unterstützen kann darin, eine gute und vertrauensvolle Beziehung zu unserem Pferd aufzubauen. Es gibt keine pausschalen Lösungen oder Ratschläge, die man anwenden könnte. Dazu sind Pferde und Menschen und die Ursachen der Probleme doch zu unterschiedlich. Ein Trost sollte uns sein: meist lassen sich Probleme relativ schnell lösen, wenn wir die Bedürfnisse unserer Pferde erkennen und sie zufrieden stellen.

Ein Verlaßpferd kann man sich normalerweise nicht kaufen, das muss man sich erarbeiten. Die Anlagen dazu kann ein Pferd haben. Zum Vorschein bringen müssen wir es selber mit Zuverlässigkeit, Vertrauen und fairer Behandlung. Dann bekommen wir all das zurück. Dafür sollte sich die Mühe ja auch lohnen.

Ich möchte gern ein Beispiel erzählen. Eines Tages kam ein neues Pferd an unseren Stall, in seinem ehemaligen Zuhause hatte man keine Verwendung mehr für es. Es kam zu einer relativ unerfahrenen, aber sehr liebevollen Pferdefrau. Ich durfte die beiden unterstützen im Prozess der Eingewöhnung und des gemeinsamen Lernens.
Der Wallach bekam einen eigenen Bereich im Pferdeauslauf, damit er und die anderen Pferde sich gesichert erstmal beschnuppern und kennen lernen durften. Nach und nach durfte er immer ein Pferd mehr kennen lernen, bis er dann mit der ganzen Herde vergesellschaftet war und seinen Platz in der Herde gefunden hatte.

Er war auf herkömmliche Art ausgebildet, das heißt ihm wurden Signale vermittelt, die er verstehen und ausführen sollte, was er auch brav machte. Normalerweise wird herkömmlich aber auch mit Druck gearbeitet, das heißt, wenn ein Pferd nicht ausführt, was verlangt wird, wird Druck aufgebaut oder auch gestraft. Er reagierte sehr ängstlich auf den Anblick einer Peitsche und versuchte sogar weg zu rennen.

Da ich mit Pferden ohne Strafe arbeite und auch seine neue Menschin das so machen wollte, zeigten wir ihm, dass er nicht mehr gestraft werden würde und die Peitsche nicht dazu da ist geschlagen zu werden. Er hat dann so manches mal nicht mehr gewußt, dass er trotzdem nicht alles machen darf, sondern dass es Regeln bei uns gibt. Das heißt, wir bitten ihn etwas zu machen, zeigen auch mit Hilfe einer Art Gerte oder einem verlängerten Arm, was wir möchten, wollen damit aber keine Angst machen, sondern nur verständlich machen, was wir vorschlagen.

Er durfte nun auch am langen und lockeren Strick mit uns gehen, ohne fest gehalten zu werden.  
Falls er sich entschlossen hatte mitzumachen, bekam er eine Belohnung. Das war nun etwas Neues und er musste lernen, dass man Belohnungen auch nicht einfordern darf, sondern anständig sein und man bekommt die Belohnung auch erst nach einem Belohnungston/Signal. 

So fand er nach und nach viel Gefallen am Mitmachen und Mensch und Pferd konnten eine wunderbare, vertrauensvolle Beziehung aufbauen. Dieser Prozess hat bei ihm ca. 2 Wochen gedauert. Dann wurde er ein verlässlicher Partner für seine Reiterin, die in dieser Zeit auch lernte, sich mit Körpersprache bei ihm verständlich zu machen. Er wurde ein sehr entspanntes und sicheres Pferd für Groß und Klein.

Ein paar Geschichten zu Vertrauensaufbau und dem richtigen Umgang mit dem Pferd, sowie ein gutes Buch zum Geheimnis der Pferdesprache sind auch hier zu finden: 
https://a-m-elisabeth-peters.blogspot.com/search/label/Vertrauensaufbau 


Lisa Peters: pferd.24-hs.de


Sonntag, 8. Januar 2023

Chester und Fjölvi an Silvester 2023



Die beiden stehen im inneren Bereich ihres Auslaufes, damit sie sich nicht unnötig erschrecken. Sie sind zwar sehr ruhig und schauen sich das Feuerwerk nur an, aber hier kann ich sie auf jeden Fall gut beobachten. Das meiste ist hier im Moment schon rum. Am Anfang der Böllerei haben sie beide eine schöne Schüssel mit Leckereien bekommen und durften ein Silvestermahl einnehmen.

Sie hatten sich ganz langsam an die Knallerei gewöhnt, in der Zeit vor ein paar Jahren, als wir noch ein Stromaggregat hatten. Dies hatte ab und zu im Monat Fehlzündungen. Das hat ausgereicht, sie sozusagen schußfest zu machen, damit sie zu Silvester keine Panik mehr bekommen.

Lisa Peters: pferd.24-hs.de

Chester und Fjölvi auf dem Matschpaddock


Chester und Fjölvi bewegen sich gern auf dem Matschpaddock. Sie haben einen großen Unterstand, einen befestigten Paddock und können von dort aus morgens auf den Matschpaddock laufen. Nachts bleiben sie im inneren Bereich mit den festen Paddockbegrenzungen. Sie genießen die Zeit auf der erweiterten Fläche sehr, wälzen sich gern im Matsch und spielen dort, oder geben auch mal richtig Gas, wenn sie rennen möchten. Am äußeren Ende des Matschauslaufes wird dann gern ihr Bereich von ihnen markiert, damit Fremde gleich merken würden, dass sie ein bewohntes Gebiet betreten und würden eventuell auch erstmal verjagt werden. Ganz am Ende des Auslaufes füttere ich tagsüber auch etwas Heu, denn die ständig gefüllten Heuraufen befinden sich nur im innneren Bereich. Hier draußen machen sie meistens ein paar Fresspausen, während sie spielen oder Ausschau halten, ob sie etwas Interessantes sehen könnten. Andere Pferde, die vorbei laufen z. B. Die beiden sind richtig gute Freunde. Deswegen ist es Chester auch egal, ob sich Fjölvi zuerst genüßlich wälzt. Er passt solange auf ihn auf. Dann will er sich aber auch wälzen, er muss nicht über Fjölvis Wälzplatz wälzen, die Rangfolge der beiden ist ganz klar für beide. Am Abend bekommen die beiden ihr leckeres Zusatzfutter, Mineralien und Äpfel oder Möhren als Vitamingabe. Dazu kommen sie gern wieder in ihren Stall, denn auch hier haben sie noch freie Sicht über ihr Gelände und können in der Nacht wieder in Ruhe am Heu fressen. Am nächsten Morgen dürfen sie ja wieder ihren Bereich erkunden, am Rand frisches Gras suchen oder mal das ein oder andere Leckerchen finden. Nur wenn es sehr nass ist und die Rutschgefahr zu groß, müssen sie für diese Zeit mal im geschützen Bereich bleiben. Im Sommer steht dafür wieder das ganze Gelände offen, auch die schönen saftigen Weiden und der Trail rundherum. Damit die aber nicht zertrampelt werden, müssen die beiden warten, bis die Erde wieder fest geworden ist. Dann wird ihr Bereich Stück für Stück erweitert, damit sich ihr Stoffwechsel wieder gut auf das veränderte Futterangebot einstellen kann.

Lisa Peters: pferd.24-hs.de

Donnerstag, 27. Oktober 2022

Meine Pferdefamilie




 


Die Pferde Chester und Fjölvi gehören zu meiner Familie. Sie sind nicht nur einfach Pferde, die bei uns leben, sie leben mit uns direkt am Haus. Jeden Tag kann ich guten Morgen sagen, versorge sie, schaue wie es ihnen tagsüber geht und sagen ihnen abends gute Nacht.

Wir kommunizieren meist lautlos, aber dennoch begrüßt mich Chester der Herdenchef jedes mal, wenn ich komme mit einem liebevollen Grummeln, was mir das Gefühl gibt, dass ich willkommen bin in der Herde und auch ich spreche natürlich mit ihnen. Sie leben so nah bei mir, damit ich sie so versorgen kann, wie es den verschiedenen Bedürfnissen meiner Tier-Familie auch entspricht.

Vor ein paar Wochen hatte ich auch Corona bekommen. Ich kann mich garnicht daran erinnern, dass es mir vorher mal so schlecht ging. Es ging zwar stetig bergauf nach einem einzigen schlimmen Tag, aber das Gefühl nicht richtig gesund zu sein hat mich sehr frustriert. Zum Glück hatte ich liebe Menschen um mich herum, die mich und auch meine Tiere versorgt haben.

Natürlich wollte ich dann auch wieder wenigstens etwas für die Tiere da sein und hab mich so nach und nach wieder zu ihnen geschleppt um zumindest ein paar Dinge zu machen. Ein wenig Heu füttern zum Beispiel, wieder einen Teil des Tagesablaufes mitzugestalten, mit meiner "Herde" etwas zu machen.

Ich brachte also zwei Äpfel und eine volle Tasche voll Heu in den Stall, worauf sich meine beiden wie immer sehr gefreut haben. Es war so schön, wie sie gleich angefangen haben zu Fressen und sich die besten Halme vom Heu schmecken ließen. Ich stand ein Stück abseits und hab sie mit Freude dabei beobachtet. Mir wurde in diesem Moment allerdings bewußt, wie übel und schwach ich mich eigentlich noch fühlte.

Ich sprach es laut aus, indem ich den beiden sagte, dass ich mich einfach noch nicht gut fühle. Chester drehte sich zu mir um, schaute mich an, hörte wieder auf zu Fressen und kam auf mich zu. Ganz sanft hat er an meiner Hand geknabbert, wie um zu sagen: du bist nicht allein, ich kümmere mich auch um dich. Er gab mir einen leichten Schubs Richtung Eingang und wollte, dass ich ihm nach draußen folge. 

Er blieb mit mir am Eingang stehen, schaute auf die große Weide und ich hatte das Gefühl, er wollte mir zeigen, dass es so schön da draußen ist und er gern mit mir da raus gehen wollte, damit es mir wieder besser geht. Ich hab ihm dann gesagt, dass wir jetzt noch nicht raus gehen können, dass ich mich nicht so gut fühle und dann standen wir einfach eine Weile draußen auf dem Paddock und schauten gemeinsam in die Weite.

Er hat mir in diesem Moment so viel Trost gegeben und auch jetzt noch, wenn ich daran denke, fühle ich so viel Liebe von ihm. So macht man das in einer Herde, wenn es einem Mitglied nicht gut geht, kümmert man sich um es. Ich habe mich bei ihm bedankt, dass er sich um mich gesorgt hat und habe mich dann wieder von ihm verabschiedet, damit er weiter Fressen gehen kann. Auch ich habe mich wieder ausgeruht.

Jetzt gehe ich jeden Tag mit einem ganz glücklichen Gefühl zu meiner Herde und freue mich noch mehr darüber, sie so nah bei mir zu haben. Wir hatten immer schon ein besonderes Verhältnis zueinander, aber jetzt scheint es mir noch enger und vertrauter zu sein.

Lisa Peters: pferd.24-hs.de





Dienstag, 27. September 2022

Karabiner am Heunetz?




Die Ausgabe für 2 Stück lohnt sich. Es sind die richtigen Karabiner für meine Finger in der Kälte des Winters, damit ich mich nicht mehr einklemme oder schneide und für die Pferde am Stall. Keine Verletzunge mehr, wenn sie sich dran scheuern oder probieren ob man die fressen kann.

Lisa Peters: pferd.24-hs.de


Sonntag, 25. September 2022

Über Vertrauen gewinnen, Kommunikation und Führungsqualitäten dem Pferd gegenüber.


Folgende Situation:  
Die Stute und ihre Tochter, beide kleben seit Geburt aneinander, eine möchte nicht ohne die andere bleiben. Sie stehen mit einem Wallach zusammen in einem kleinen Wiesenauslauf.

Ich betrete den Bereich, einen kurzen Moment später kann ich sie ohne zu zappeln ruhig aufhalftern, sie folgt meinen Bewegungen freiwillig am lockeren Seil, von ihrer rufenden Mutter und der Herde weg, geht sie mit mir entspannt spazieren, weil sie mir vertraut.

 Was ist geschehen? Voran gegangen ist ein winziger Augenblick, in dem ich ihr gezeigt habe, dass sie mir wichtig ist und ich ab jetzt ihren Weg bestimmen möchte. Doch wie habe ich das geschafft?

Wahrscheinlich wie jeder Hengst eine Stute für sich gewinnt, in dem er sie absondert und weg treibt und ihre Richtung bestimmt. Es brauchte für mich nur einen winzigen Augenblick, ich habe ihr den Weg zur Mutter mit meiner Bewegung abgeschnitten und sie gestoppt. Sie hat mich sofort verstanden, weil ich in diesem Moment nicht menschlich gehandelt habe, sondern das gemacht habe, was auch ein anderes Pferd gemacht hätte um mit ihr zu kommunizieren und ihr zu zeigen, was es von ihr möchte.

Andere Situation:
Der junge Hengst will sich nicht führen lassen, zieht weg, ist schwer zu händeln.

Ich gehe zum ihm in die Halle, dort läuft er frei, ich bestimme nun seine Laufrichtung und Geschwindigkeit, stoppe ihn und lasse ihn in die andere Richtung laufen, stoppe ihn wieder, gehe auf ihn zu, nehme ihn an das Halfter und er folgt mir brav mit entspannt gesenktem Kopf am lockeren Seil im Abstand hinaus aus der Halle. Er lässt sich lieb zum Stall führen, bleibt stehen, wenn ich stehen bleibe, geht weiter wenn ich mich weiter bewege.

Sind das Zufälle? Nein. Beide Pferde waren psychisch und physisch ganz gesund, lebten in einer artgerechten Haltung, hatten noch nichts Schlimmes in ihrem kurzen Leben erlebt und haben einfach auf die Kommuniktion mit Körpersprache reagiert, weil sie die sofort verstanden haben.

Noch eine Situation:
Der junge Wallach Chester, 2-3 jährig frisch von der Fohlenaufzucht auf der Alm gekommen, gerade erst genesen von einem Kieferbruch, spürt seine Kräfte zurück kommen. Er ist sehr dominant, fühlt sich immer besser und möchte nun seine Möglichkeiten austesten, die er so lange nicht ausleben konnte.

 In seiner Bewegungsfreiheit jetzt begrenzt, in einem Offenstall mit anderen Wallachen zusammen ist er froh, dass sein Mensch ihn immer wieder heraus holt um mit ihm zu spielen.  Naturgemäß möchte er seine Kräfte messen, will die Richtung bestimmen, in dem er seinen Menschen mit zieht, steigt den Menschen an und rennt los wann er möchte.

In den geschützten Bereich der Reithalle geführt und los gelassen, kann er sich kurz austoben und seine Freiheit genießen. Er möchte den Bereich für sich markieren und sich dann gern wälzen, aber ich lasse ihn nicht, treibe ihn weg und statt dessen wälze ich mich an dem Platz, den er ausgesucht hatte. (Dazu scharre ich kurz mit dem Fuß, hocke ich mich hin und bewege mich hin und her, stehe auf, scharre wieder mit dem Fuß und pruste ziemlich zufrieden ab.) Erst dann darf er sich wälzen. Seinen Schweif trägt er nun nicht mehr ganz so hoch, sein Kopf sieht nun entspannter aus und er steht ruhig da wir können etwas pflegen und streicheln. Ich genieße den Moment der Harmonie.

Unser nächster Tag läuft ähnlich ab. Er betritt mit mir die Halle, ich wälze mich zuerst und er wälzt nicht, sondern hat einen neuen Plan ausgeheckt. Er äppelt um seinen Bereich zu markieren. Ich bin vorbereitet, ich gehe zu seinem Haufen, markiere mit einem Papiertaschentuch, dass ich dicht am Körper getragen habe und lege es über den Haufen. Er sieht mir zu dabei. Dann geht er hin schnuppert und schwupps ist das Papiertuch in seinem Maul verschwunden. 
Ich lege Nachschub drauf und lasse ihn nicht mehr hin. Da äppelt er wieder, ich hab auch noch Tücher, die ich drauf lege und das wiederholt sich gesamt 5 mal. Sein Pulver scheint verschossen, bzw er kann nicht mehr und sein Kopf senkt sich zufrieden, er kaut und schlendert herum. Ich habe ihm ein weiteres Mal gezeigt, dass ich genauso gut markieren kann wie er, aber letztendlich mehr Möglichkeiten einstecken habe.  

Ein anderes mal will er mich einkreisen, ich schicke ihn gerade aus. Dann bestimme ich seine Gangart, oder stoppe und wende ihn. Oder lasse ihn anhalten. Wieder zeigt sich, dass auch er versteht, was ich von ihm möchte. Ich möchte nur, dass er mir folgt, weil ich unser Territorium besser markieren kann, seine Richtung bestimmen kann und ihn auch stoppen kann, das heißt auf pferdisch: ich übernehme die Herdenführung. Alle weiteren Probleme haben sich damit in Luft aufgelöst. Kein Ansteigen mehr, denn man steigt seinen Chef nicht an, kein losreißen mehr, denn man folgt brav dem Chef, kein anrempeln mehr, weil das dem Chef gegenüber respektlos wäre.

Trotzdem darf er jetzt respektvoll darum bitten, zum Gras gehen zu dürfen um zu fressen indem er einfach dorthin schaut, er darf darum bitten, eine bestimmte Richtung beim Spaziergang einschlagen zu dürfen und er darf darum bitten näher kommen zu dürfen um gekrault zu werden, alles nur mit einer Andeutung von seinen Blicken. Respektvoll und ohne Druck. Er muss trotzdem respektieren, dass ich letztendlich diejenige bin, die jede Handlung erlaubt oder verbietet, beginnt oder beendet. Nur so kann er sich auf meine Führung verlassen und mir vertrauen, dass ich auch für seine Sicherheit sorge.

Bei ihm hat es eine Weile gebraucht um jetzt ein zuverlässiges, respektvolles Pferd zu werden, das von jedem Kind geführt werden kann, solange ich daneben laufe. Denn er hört auf meine Stimme, egal wie weit ich weg bin. Von überall, auch vom Spielen mit Kumpels lässt er sich nun abrufen. Auch wenn es mit ihm ein längerer Weg war, es hat sich gelohnt. Er war mein erster schwieriger Fall, aber mit ihm durfte auch ich ganz viel lernen.

Ich benutze in ausgewählten Sequenzen außer der Körpersprache und dem Stimm-Lob manchmal Futterbelohnung, aber nur nach einem Belohnungston oder Clickersignal. Druck oder Verstärkung von Druck wird manchmal auch als Impuls von mir verwendet, zum Beispiel um von einem aufdringlichen Pferd Abstand zu mir zu fordern. Das geschiet so, dass ich den Druck nicht Richtung Pferd schicke, sondern bei mir selber einen Raum schaffe, in dem ich vielleicht vor mir mit der Peitsche fuchtele, schwer zu beschreiben. Wenn das Pferd dann näher kommt, würde es in die wedelnde Peitsche laufen, aber nicht, weil ich sie dem Pferd drauf schlage, sondern weil das Pferd zu nahe kommt und rein läuft, ich kann es nicht anders beschreiben. 

Oder ich werfe ein Seil, um den Raum zu markieren, den ich beanspruche, falls es das Pferd zufällig trifft, weil es hinein läuft ist es auch nur ein Berühren, kein Schlag, kein Schmerz. Das Pferd versteht das auch nicht als Zurechtweisung dann, sondern als das Einfordern meines Raumes. 
Eine Peitsche wird von mir nur als verlängerter Arm, Zeiger oder Signalgeber benutzt. Daher können meine Pferde entspannt bei mir sein und reagieren nicht gestresst oder ängstlich. Das genügt vollkommen, denn Pferde haben die Tendenz freiwillig mit zu machen und dem Ranghöheren zu folgen, wenn sie vertrauen oder sogar belohnt werden. Das Einfordern von Futterlob kommt bei mir nicht vor, weil nur ich bestimme, wann es Futter gibt und niemals ohne Belohnungston Futter aus der Hand gebe, sofern sich das Pferd ruhig abwartend verhält. Bei einem Pferd wie Chester konnte ich anfangs nicht mit Futterlob arbeiten, weil er da zu hektisch wurde. Das kam bei ihm dann erst 2 Jahre später.

Ich wünsche mir, dass viele Menschen ihre Pferde besser verstehen, besser mit ihnen kommunizieren können und Probleme garnicht erst entstehen, oder sich wieder auflösen. Es ist so einfach, wenn man weiß wie. Dazu möchte ich ein paar Informationen bereit stellen, damit man sich selber weiter bilden kann und eine ganz neue Art der Beziehung zu seinem Pferd aufbauen kann.

Pferde sind sehr sensible Tiere. Sie erfassen unsere feinsten Bewegungen und manchmal auch die Empfindungen, die wir garnicht ausdrücken wollen. Manchmal werden Sie so behandelt, als ob sie nichts empfinden. Die Pferde können zwar wiehern, so wie Hunde bellen, aber ein Schmerzlaut wie das Jaulen des Hundes, ist ihnen von Natur aus nicht gegeben. 

Sie sind Fluchttiere und würden bei Verletzung gefährliches Raubwild anlocken. Und so leiden oft unsere "Besten Freunde" stumm und ertragen alles, was der "Mensch" im abverlangt, dem sie sich gehorsam unterordnen. Nur manchmal und auch nur, wenn es unerträglich für sie geworden ist, wehren sie sich, dann werden sie abgestempelt als Verbrecher.

Doch es gibt andere Wege, eine Kommunikation mit unseren geliebten Freizeitkameraden aufzubauen. Im Sattel, bei der sogenannten Bodenarbeit und auch der feinen, energetischen Kommunikation. Hier ein besonders wertvolles Buch 

über Das Geheimnis der Pferdesprache von Gertrud Pysall.

Hier ist ein toller Film darüber zu sehen, welches Verhältnis der Mensch zum Pferd aufbauen kann, wenn er Gefühle sprechen lässt:
youtube.de Der Weg des Pferdes - Dokumentarfilm - Deutsch Untertitel

Pferde besser verstehen, sehen Sie hier einige Beispiele als Filme:
Sie werden weiter geleitet zu youtube oder verschiedenen Websiten.
Ich möchte darum bitten, die vorgestellten Menschen und ihre Methoden, Artikel oder Filme selber kritisch zu betrachten. Auch Methoden, die sanft aussehen und eine tolle Verbindung von Mensch und Pferd zeigen, können in manchen Teilen noch hart und zwingend in der Ausbildung sein. Mein Anliegen bei der Vorstellung verschiedener Webseiten, Filme oder Texte hier ist, dass Menschen anfangen können, sich selber über den Umgang mit Pferden Gedanken zu machen. 

Einige besondere Trainer, die mich sehr inspiriert haben:

Fred Rai - S. Schnelle - K. F. Hempfling - Gerd Römbke - H.-J. Neuhauser - Tristan Tucker  - Sylvia Czarnecki

Seelische Verbindungen aufbauen: (englischsprachige Seite) Trust Technique

Auch Timo Ameruoso zählt zu den Trainern, die sich um eine gute Kommunikation von Mensch und Pferd bemühen und den ich sehr schätze.

chi-horsing.com Die feine Kommunikation mit dem Pferd.

Ein paar Videos über die hohe Schule des Reitens,
Grand Prix - Dressur mit Halsring: Hier zeigt sich, wer wirklich was kann
und hier nochmal Atemberaubend schön
Auch beim Springen geht es anders, obwohl ich nicht unbedingt vom Springsport begeistert bin: Alycia Burton

Passend zum Thema, Biomechanik des Pferdes: von Dr. med. vet. Gerd Heuschmann

Meine liebste Playlist bei youtube: über Pferdekommunikation

Interessante Artikel über die Möglichkeit verschiedene Kompetenzen im Umgang mit Pferden zu erlernen, darunter auch für Jugendliche oder Führungskräfte, finden Sie hier: 6 PDF Dateien Pädagogische Erfahrungen

Eine ganz besondere Akademie für Horsemanship gibt es hier: heinzwelz.de mit Videos

Hufbearbeitung, Naturhuf, Huforthopädie: HGM Trimming - difho.de 

Impfen mal kritisch betrachtet: impffreiheit.de

Schrittbewegung als Pferdetraining, Stoffwechsel, Muskulatur, Haltung usw.: dai-shodan.de

Ernährungszustand des Pferdes und viele Infos über Krankheiten, von Dr. C. A. Bingold: equivetinfo.de













Lisa Peters: pferd.24-hs.de


CPL - Wird oft mit Mauke verwechselt und hat viele falsche Bezeichungen

Ich zittiere hier Teile des sehr schönen und ausführlichen Artikels der Webseite, den ich meinen Lesern nicht vorenthalten möchte: 


Bitte gehen Sie auf diese Seite um den vollständigen Artikel zu lesen.

"Die Erkrankung wurde 2003 erstmals genauer beschrieben und deutlich von Mauke abgegrenzt. Die Krankheit verläuft chronisch, d.h., es gibt keine Heilung. Sie verschlechtert sich ohne Behandlung, ist daher »progressiv« und betrifft nach aktuellen Erkenntnissen das Lymphsystem. Es kommt zu ödem-artigen Verdickungen. So bekam sie ihren Namen: Chronisch Progressives Lymphödem (CPL). Sie tritt rasseübergreifend vor allem bei Kaltblütern an den unteren Extremitäten auf. Besonders betroffen sind das Belgische Kaltblut (Brabanter), Tinker, Rheinisch-Deutsches Kaltblut, sowie Shire Horse und Clydesdale. Inzwischen hat sich in der Forschung zu CPL bzgl. der Ätiologie (betrachtet die Ursachen der Entstehung von Krankheiten) und der Diagnostik einiges getan.

Immer noch vorkommende, falsche Bezeichnugen

In englischsprachiger Literatur findet man neben der aktuelle Bezeichnung »Chronic progressive lymphedema« folgende ältere, aber eigentlich falsche, Bezeichnungen für CPL:
Chronic idiopathic pastern dermatitis, Chronic pastern dermatitis, Elephantiasis oder Equine lymphoedema complex (ELC)

In deutschsprachiger Literatur trifft man noch auf folgende falsche Begriffe für CPL:
Chronische Mauke, verruköse Mauke, verruköse Pastern Dermatitis, Warzenmauke oder Warzenmauke-Syndrom

Die Tierärzte Toon van Couter, Jozef Colman und Cécile De Cupere beschrieben die verschiedenen Stadien der Erkrankung Anfang 2018 auf einer Tagung zum Thema im belgischen Sint-Niklas (organisiert durch Trekpaard Jeugd VFBT) wie folgt:

  • Im Anfangsstadium ist nur die Haut in der Fesselhöhle leicht verdickt, eventuell mit einer leichten Falte, die erst nach einer Rasur sichtbar ist.
  • Allmählich werden die Falten klarer und manchmal erscheinen einige Risse, wodurch die Epidermis schuppig wird und kleine Wunden bzw. Krusten entstehen. Während sich Läsionen [Schädigung, Verletzung oder Störung einer anatomischen Struktur oder physiologischen Funktion, Anm.d.R.] entwickeln, wird die Haut langsam dicker und härter. Anfangs scheint das Pferd auf alle möglichen Therapien zu reagieren, aber die Heilung tritt nicht ein. Irgendwann wird das Problem immer schlimmer. Das ist ein deutlicher Unterschied zur Mauke.
  • Die Falten werden dicker und spreizen sich sowohl nach vorne als auch nach oben auf dem Bein. Die kleinen Lücken entwickeln sich zu größeren, blutenden Wunden. Häufig treten darüber hinaus Sekundärinfektionen auf, die den Krankheitsprozess verschlimmern. Die Haut zwischen den Falten wird feucht und verbreitet einen Geruch, der Fliegen anlockt.
  • Im fortgeschrittenen Stadium ist die Extremität stark verdickt und die Hautfalten reichen bis zu den Knien. Wenn man die Beine anfasst, fühlen sie sich hart an. Meist entwickeln sie große, harte Klumpen, die bis zur Größe eines Tennisballs wachsen können. Diese Klumpen sind ein mechanisches Problem, da sie die Bewegung des Tieres behindern. Dadurch können sie sich bei der Arbeit leicht verletzen. Die Epidermis ist nun trocken, schwielig und zeigt eine ausgeprägte Schuppung." 
Zitat Ende

Lisa Peters: pferd.24-hs.de

Montag, 11. Juli 2022

Pferde-Quizz

Mitmachen lohnt sich: Kinder und natürlich auch Erwachsene können ihr Pferdewissen hier testen. Es sind pro Frage mehrere Antworten möglich und nun viel Spaß beim Beantworten der Fragen. 

Was machen ranghohe Pferde, wenn das Futter verteilt wird? 
O Fressgebärde 
O Drohgebärde 
O Wiehern 
O Schnauben 

Was macht die Pferdeherde, wenn die Leitstute davon galoppiert? 
O eine Neue bestimmen 
O erst mal den Leithengst fragen 
O ohne Fragen hinterher rennen 
O sich verstecken
 
Welche Aufgabe hat der Leithengst? 
O die Herde anführen 
O die Herde vor Gefahr weg treiben 
O die Herde verteidigen 
O die Fohlen aufziehen
 
Wann schreit ein Pferd vor Schmerzen? 
O Wenn es getreten wird 
O bei zu harten Möhren oder Zahnschmerzen 
O es hat keinen Schmerzlaut 
O es kennt keinen Schmerz
 
Was macht ein Pferd wenn es Angst hat? 
O es flüchtet 
O es versteckt sich im Unterholz 
O es kämpft mit den Hufen 
O es legt die Ohren an
 
Warum buckelt, steigt, schlägt, beißt ein Pferd? 
O wenn es den Menschen als Feind ansieht 
O wenn es denkt der Mensch ist rangniedrig 
O wenn es sich endlich mal austoben will 
O wenn es spielen will 

Wie nennt man die Wangen des Pferdes? 
O Maultaschen 
O Backen 
O Kochen 
O Ganaschen

Wer sich noch umfangreicheres Pferdewissen aneignen möchte, um die Lösungen zu finden, kann hier nachlesen: https://pferde.24-hs.de/Zusammenfassung%20Pferdeverhalten.pdf

Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht.
Lisa Peters: pferd.24-hs.de

Freitag, 3. Juni 2022

HERD - A Spiritual Journey. FULL AWARD WINNING DOCUMENTARY! 51 Min.

The Film follows an 8-day ‘Equinisity’ retreat with animals and nature.
https://www.equinisityretreats.com/
See the film on Youtube



Lisa Peters: pferd.24-hs.de

Freitag, 25. März 2022

Traum Nero Vulkan 25 * 03 * 2016



Ich heiße Traum Nero Vulkan und bin ein Noriker-Wallach, braun, geb. am 25. März 2016 
Sehr gern erzähle ich euch meine Geschichte:

Als Noriker in Österreich geboren, kommen nicht alle Pferde zu Menschen, die mit ihnen ein Leben lang verbringen möchten. Viele Noriker landen beim Schlachter, weil jede Stute jedes Jahr belegt wird, nur wenige besondere Exemplare davon werden privat verkauft, der große Teil geht in die Fleischproduktion, denn im Winterquartier ist kein Platz mehr für die Fohlen der Stuten.

Als Fleischlieferant ist das Pferd auch mehr oder weniger ein Nutztier. Mein Pech war einfach, dass ich keine Stute zum Züchten und auch noch braun war, das gibt es leider wie Sand am Meer. So landete ich beim Schlachter, zuerstmal im Verkaufsstall, weil ich ja doch ein hübscher Bub war. Es ist aber auch so, dass trotzdem viele Pferde nur als Reittiere "genutzt" werden, manche von uns haben dadurch auch kein schönes Leben. Außer sie kommen zu Menschen, denen die reine Nutzung eher zweitrangig ist.

  

Aufgewachsen bin ich mit meiner Mama auf der Alm, da habe ich die frische Luft genossen, Trittsicherheit geübt und mit anderen Fohlen gespielt. Mit 6 Monaten wurde ich aber dann schon zum Schlachter verkauft, weil alle Stuten wieder in den heimatlichen Stall getrieben wurden und dort kein Platz mehr für mich war.

Es gibt Organisationen, die für solche „Schlachtfohlen“ ein gutes Zuhause suchen, damit sie weiter leben dürfen. Ein liebes Menschenmädchen hat sich sofort in mich verliebt und ihre Ersparnisse geopfert um mich zu sich zu holen, damit ich bei ihrer lieben Stute und ihrer kleinen Herde aufwachsen kann um dann später mein Für-immer-Zuhause zu finden.  

 

Ich kam erstmal mit einer riesigen Erkältung und Husten in meinem neuen Zuhause an, mein Immunsystem war ziemlich schwach geworden. Ich war noch sehr klein damals. Aber man hat sich gut um mich gekümmert und ich wurde schnell gesund. 

Hier habe ich mich schnell erholt und wohl gefühlt.

Meine neue Ziehmama, die Stute Tafi, hat mich sofort adoptiert und sich um mich gekümmert, denn die großen Jungs wollten noch nichts mit mir zu tun haben.

Wir beide haben alles zusammen gemacht, gefressen, gepflegt, geschlafen. Wie ein Fohlen mit seiner richtigen Mama. 

Mit 18 Monaten wurde ich dann kastriert, denn da habe ich doch etwas größeres Interesse gezeigt an meiner Ziehmama, aber das ist wahrscheinlich normal. In der Box der Pferdeklinik habe ich mich an die Schlachthofbox erinnert und konnte erstmal vor Kummer nichts fressen. Bis meine Menschen mich abholen kamen, da hab ich mich so gefreut und musste sofort anfangen alles was da noch war aufzufressen. Wir sind dann aber schnell nach Hause gefahren.

 

Zu Hause habe ich mich dann erstmal erholt und ausgeruht. Hier sieht man noch die Rasur am Hals von der Sedation.

Als ich 3 Jahre alt war, sind wir alle zusammen auf einen großen Hof gezogen. Hier wurde ich erstmal groß und stark. Hier sieht man mich nun im Alter von 5 Jahren, da war ich dann 160 cm groß und bestimmt 700-800 kg schwer geworden.

Damit bin ich aber auch alt genug meinten meine Menschen, dass meine Ausbildung beginnen kann und ich meine eigene Herde finden soll, weil ich gerne auch mal mehr lernen würde. 

Bis hierhin hatte ich schon einiges gelernt. Clicker-Training mit positiver Verstärkung finde ich z. B. super, da würde ich am liebsten nie aufhören. Ich gehe auch am Stallhalfter oder Knotenhalfter und langem Seil überall mit, auch ohne andere Pferde dabei, oder bleibe ruhig angebunden stehen und habe bisher echt noch nichts gefunden, was mich erschrecken könnte.
Riesige Landmaschinen, Planen, klappernde Gegenstände, interessiert mich alles nicht wirklich. Ein Gebiss hab ich bisher deshalb nie kennen gelernt, vielleicht brauche ich auch keins, ich bleib ja auch stehen, wenn mein Mensch stehen bleibt. Und ansonsten mache ich auch alles, was ich machen soll, wenn ich es verstanden habe. Meine zukünftigen Aufgaben sind eigentlich in fast jede Richtung offen.

Meine Hufe lasse ich pflegen, ich heb sie hoch, sobald man die mit dem Finger antippt, ich lasse sie auch oben, wenn es nicht zu lange dauert. Längeres Aufhalten bringt mich aber dann doch noch etwas aus dem Gleichgewicht, der Hufpfleger hat einfach immer mal abgewechselt, das ging dann schon. Zur der Zeit ging ich noch barhuf. Mittlerweile brauche ich aber Hufeisen vorne.

Rassebedingt bin ich sehr leichtfuttrig, das heißt mich darf man nicht mit Süßigkeiten verwöhnen, das würde mir nicht gut tun, außer 24/7 Heu bekomme ich nur Stroh zur Verfügung und natürliche Mineralien. Bisher geht es mir auch sehr gut damit. Finde ich persönlich jetzt nicht so toll, weil es gibt da bestimmt das ein oder andere Leckerchen in der Sattelkammer, hab ich natürlich auch schon versucht heraus zu finden, als mein Mensch die Tür aufgelassen hat, weil ich bin immer sehr neugierig und mutig. Sie hat mich da aber rückwärts am Schweif wieder heraus gezogen, weil ich mich da nicht umdrehen konnte und eigentlich wollte ich ja weiter suchen, durfte aber nicht, ich hätte bestimmt noch was gefunden.

Hilfsbereit bin ich auch immer beim Abmisten der Weide. Da passe ich genau auf und laufe neben der Karre her, damit da nichts zu voll geladen wird. Da muss ich schon ab und zu mal was ausleeren, damit das nicht zu schwer für meine Menschen wird, denn ich muss ja sogar manchmal den leichten Sattel rum tragen, also wenn der schon zu schwer ist für sie …

Meine Menschen meinten immer, das Gehirn eines Norikers arbeitet manchmal eher gemächlich, aber was da mal eingespeichert ist, das bleibt da auch drin! Ob man sich das nun gewünscht hat, oder nicht. Jedenfalls kann es dauern, wenn man was umprogrammieren möchte. Gegenseitiger Respekt ist notwendig, Geduld und vor allem Verständnis, dann geht fast alles wie von allein. Druck mag ich garnicht, man muss mir die Sachen, die ich machen soll einfach gut vorher erklären. 

Wenn mein Mensch zum Beispiel mit der Mistkarre ankommt, schwenke ich schon mal zur Seite, damit sie da auch vorbei kommt, ich denke da nämlich mit, drei mal vorher zart mit der Fingerspitze an der Flanke antippen hat genügt, jetzt weiß ich ja schon was von mir erwartet wird. Peitsche kenne ich auch, aber nur als verlängerter Arm meines Menschen, oder als Target zum Antippen, dafür gibts dann auch Leckerchen, die nehme ich auch ganz respektvoll und auch nur, wenn ich sie entgegen nehmen darf, bis dahin schau ich auch zur anderen Seite um nicht den Eindruck zu erwecken, dass ich verfressen wäre… 

Ich hörte immer wieder, ich wäre noch ein kleiner Tollpatsch, aber natürlich wachse ich mit 5 Jahren auch noch. Noriker wachsen manchmal bis sie 9 Jahre alt sind, natürlich nicht immer nur in die Höhe. Und wenn ich mich mal irgendwo aus Versehen anstoße und etwas umwerfe liegt das bestimmt auch nur an den zu kleinen Dimensionen des Offenstalles in dem ich mit den 3 anderen Mitbewohnern derzeit lebe. Außerdem bin ich sehr stark und deshalb suche ich auch ein Zuhause mit viel Platz und stabilen Gegebenheiten, denn manchmal scheuere ich auch ganz pferdetypisch mein Fell an einem Pfosten, falls da keine Bäume wachsen.

Auf liebe und verspielte Mitbewohner lege ich auch viel wert, denn ich spiele natürlich gerne mal ausgelassen mit den anderen. In meiner ersten Herde war ich noch der Rangniedrigste bei den Jungs. 

Natürlich übernachte ich auch mal ein paar Tage in der Box, wenn es sein muss, aber auf Dauer ist das nichts für mich, das ist mir zu langweilig. Außerdem schnarche ich gern lang ausgestreckt und wälze mich auch gerne in den weichen Spänen in meinem Unterstand. Und bitte ganz wörtlich nehmen: ich schnarche grundsätzlich immer, wenn ich schlafe.

Auf meine alte Ziehmama konnte ich in dem Alter natürlich schon aufpassen. Die wußte das inzwischen auch und respektierte mich, bin ja schon ein großer Junge geworden, mindestens 160 cm und damit fast größer als sie. Leider ist sie im Frühjahr über die Regenbogebrücke galoppiert, sie war schon alt und konnte nicht mehr laufen. Aber ich werde sie ja irgendwann dann mal wieder treffen, sobald ich dann auch mal über diese Brücke galoppiere.

Ich hab auch schon versucht heraus zu finden, ob hinter der Weide nicht doch noch besseres Gras wächst, aber meist ist doch jetzt der Strom an, dann bleib ich lieber drin, davor hab ich nämlich echt Angst. 

Ansonsten habe ich ein echtes Norikergemüt: ich habe ausdrucksvolle Gänge, trabe schneller und kraftvoller als alle meine Kumpels, übe Galopp-Pirouetten und fliegende Galoppwechsel liegen mir im Blut, das kann ich auf unserer großen Weide gut trainieren. Wenn ich so richtig in Fahrt komme, dann bebt die Erde und ich habe das Gefühl ich kann fliegen. Ob das mit Mensch oben drauf auch so gut funktioniert muss sich aber erst zeigen. Eine echte Sportskanone werde ich aber vermutlich nie werden. Lieber gehe ich gemütlich spazieren.

Wenn ich neue Menschen kennen lerne, versuche ich natürlich immer heraus zu finden, welche Rangordnung die haben. Dazu werden die grundsätzlich erstmal intensiv abgeschnuppert, falls ich da nichts heraus finde, versuche ich mal die Schuhe zu beknabbern. Sobald die mir aber versichern, dass sie auf mich aufpassen können und ich ihnen vertrauen kann, dürfen sie mir dann auch den großen Hintern kraulen, treten oder beißen kommt für mich grundsätzlich nicht in Frage.

Natürlich habe ich auch gelernt, dass ich respektvoll auf Abstand gehe, falls dies gewünscht wird, aber eigentlich bin ich immer sehr schmusebedürftig und zum Kuscheln aufgelegt. Ich mag auch kleine Kinder, die dürfen auch rum schreien und toben, aber meine Hufe sind natürlich sehr groß, da müssen die schon aufpassen, wo sie hin laufen. Bellende Hunde sind auch kein Problem für mich, die finde ich sehr interessant, aber wenn ich dann ankomme um zu spielen, laufen die leider immer weg.

Als Jährling wurde ich auf PSSM getestet, damit man meine Haltung gut anpassen kann, um mich möglichst gesund zu halten. Ich bin n/pssm, also Einzelgenträger wie mein Papa und zeige keinerlei Auffälligkeiten. Gutes Heu oder Stroh und natürliche Mineralien reichen für mich aus. Man sollte mich nur nicht endlos fressen lassen, ohne dass ich arbeiten muss, denn dann werde ich noch schwerer, als es sein muss. Mein Gewicht wird auf etwa 750 kg geschätzt, also ich mache schon mächtig was her.

Ich muss aber Zucker in jeder Form meiden, Obst, Getreide usw, weil ich durch PSSM eine veränderte Zuckerspeicherung habe. Das macht mich besonders leichtfuttrig, meine Rasse ist deshalb gut zur schweren Arbeit geeignet, wie Holzrücken oder Kutsche ziehen. Aber ich mache auch eine tolle Figur, wenn ich einfach nur vielseitig eingesetzt werde. Es gibt einige Vertreter meiner Rasse, die auch im Sport eigesetzt werden, aber ich bin wohl besser als Freizeitpferd geeignet, bei dem ich nicht von Null auf Hundert Leistung erbringen muss, sondern mich langsam warm laufen kann. Ich gehöre eher zur gemütlichen Sorte, obwohl ich natürlich auch ausgelassen spielen kann. 

Mein menschliches Herdenmitglied sollte gute Führungseigenschaften besitzen, denn als Noriker bin ich eigenständiges Handeln gewohnt und habe kein Problem damit für mich selber zu entscheiden. Trotzdem kann ich ganz entspannt sein, sollte mein „Chef“ für mich die Entscheidungen übernehmen wollen. Für meine bisherigen Menschen war es wichtig, dass ich vor allen Dingen in ein liebevolles Zuhause kommen darf. Sonst musste ich auch nicht wirklich wegziehen. 

Im Jahr 2021 habe ich dann meinen ganz besonderen, lieben Menschen gefunden, sie hat mich zu sich geholt und ich wohne nun mit einer großen Herde in einem wunderschönen Stall mit großen Weiden, so wie wir Pferde das lieben. Dort bin ich ziemlich schnell der Chef geworden, denn mein damaliger Chef Chester hat mir alles beigebracht, was man dafür so wissen muss. Und sagt mal selber, bin ich nicht ein Prachtkerl geworden?






Lisa Peters: pferd.24-hs.de