Montag, 26. Januar 2015

Wie gewinne ich die Freundschaft meines Pferdes?


Vertrauensaufbau ist mir in der Beziehung zum Pferd das Wichtigste.
Ich verfolge dabei nicht einen herkömmlichen Ansatz, sondern versuche die Freundschaft und das Vertrauen eines Pferdes zu gewinnen, indem ich ihm Sicherheit und Geborgenheit vermitteln möchte, seine Bedürfnisse versuche zu erkennen und ihm das zukommen lasse, was es für sein Wohlergehen braucht und dabei auf Pferdeart per Körpersprache mit ihm kommuniziere, die es gut verstehen kann.

Das schaffe ich, wenn ich einmal die Herdenstruktur betrachte.
Es gibt die ranghohen Leittiere, dann in Abstufungen die rangniedrigeren. In der Herde bilden sich enge Freundschaften und diese befreundeten Tiere ähneln sich sehr, meist sieht man sogar Pferde in der gleichen Farbgebung zusammen. Sie machen dann alles gemeinsam, es entsteht eine enge Bindung dabei.

Somit habe ich die besten Hinweise auf das, was ich tun kann, um meinem Pferd näher zu kommen.
Ich muss so viel wie möglich Zeit mit ihm verbringen und ihm signalisieren, dass ich um sein Wohl besorgt bin.
Es geht nicht darum, dass ich meine gemeinsamen Stunden mit Reiten verbringe und Lektionen, die wir erlernen wollen, sondern um für das Pferd qualitativ hochwertige Zeit, die ihm vermitteln kann, dass ich an ihm interessiert bin. Das heißt, Zeit, die den Bedürfnissen des Pferdes gewidmet ist.
Weder Muskelaufbau, noch Ausdauer- oder Krafttraining, sondern Dinge wie zusammen nichts tun zum Beispiel, oder gemeinsam spazieren gehen, Zeit auf der Weide verbringen, ohne etwas von dem Tier zu fordern. Das macht die Freundschaft für das Pferd aus.

Es gibt oft Pferde, die bei der Arbeit gut funktionieren. Aber manchmal sind sie schwer einzufangen, oder sonstwie nicht an unserer Gesellschaft interessiert. Ich meine das kommt daher, dass sie nur das Gefühl haben, wir fordern nur von ihnen etwas und sind nicht bereit, etwas zu geben, was eine Bedeutung für das Tier hat. Deshalb hat das Pferd wenig Interesse daran mit uns etwas zu unternehmen und würde sich lieber entziehen, wenn es selber entscheiden könnte.
Für ein Pferd bedeutet es nichts, dass wir den Stall bezahlen, das Futter besorgen, uns darum kümmern, dass für sein leibliches Wohl gesorgt ist. Dies sind selbstverständliche Dinge für ein Pferd, die es nicht als etwas Besonderes anerkennen kann. Womit es meiner Meinung nach aber auch Recht hat.
Das sind Grundbedürfnisse, die wir stillen müssen, dies würde es in der Natur auch vorfinden, wenn wir nicht da wären, sofern es diese Art von "Natur" noch geben würde für Pferde.

Etwas besonderes für ein Pferd bedeutet nicht, dass wir besondere Sachen mit ihm machen müssen, sondern einfach nur da sein und sein Leben teilen. So, wie jedes andere Herdenmitglied das auch machen würde. Und im besonderen die Fellpflege, das gemeinsame zusammen Stehen und Ruhen, gemeinsam Fressen, gemeinsam Laufen, gemeinsam Spielen. Ohne vom anderen zu fordern, sondern nur ein Ermuntern ohne besondere Erwartung.

Ich stelle mir dabei nur mal vor, was würde ein befreundetes Pferd machen? Wallache spielen sehr viel zusammen, wenn sie von klein auf mit Artgenossen zusammen standen und immer die Gelegenheit dazu hatten. In der Gruppe üben sie die Rangkämpfe, messen sich in Stärke und Schnelligkeit. Denn in der Natur leben sie auch in Gruppen zusammen und bereiten sich für die Übernahme einer Herde vor.
Stuten spielen meist nicht sehr viel oder viel weniger. Für sie ist das nicht überlebenswichtig. Aber auch Stuten rennen oder toben mal gemeinsam.

Die freundschaftliche Beziehung zu meiner Stute habe ich erst so richtig aufgebaut, als sie wegen Lahmheit lange Zeit nicht geritten werden konnte.
Ich musste mir andere Dinge einfallen lassen um sie zu beschäftigen. Damals wußte ich nicht viel von Bodenarbeit oder Horsemanship. Bodenarbeit hatte ich nie gelernt. So verbrachte ich anfangs ziemlich unproduktive Zeit mit ihr, so dachte ich wenigstens. Ich lief mit ihr spazieren, ließ sie auf dem Platz laufen, stand herum mit ihr, putzte sie, nahm mein Vesper ein, während ich sie daneben grasen ließ,  - mangels Ideen, was ich tun könnte mit ihr, ohne sie zu beanspruchen, oder forderte sie einfach ab und zu auf, mit mir auf der Weide oder in der Halle herum zu rennen.
Und genau das war es, was mich ihr näher brachte und was ihr Interesse weckte, mit mir zusammen sein zu wollen.
Wenn sie mich sah, kam sie von weit her schon angaloppiert und freute sich, wieder Zeit mit mir verbringen zu können, weil ich ihr meine ganze Aufmerksamkeit zukommen ließ.
Ich las damals interessante Bücher, zum Beispiel von Hempfling, und wollte mir Ziele in der Bodenarbeit mit ihr erarbeiten. Eines davon war das Schulterherein am Boden. Während eines Tages machte ich vorbereitende Übungen mit ihr um irgendwann dieses Ziel zu erreichen, ich habe mir und ihr dabei keinen Druck machen wollen.
Nach unserer gemeinsamen Übung, lies ich sie noch grasen und verspeiste auch mein mitgebrachtes Abendessen. Danach wollte ich mich aufmachen um nach Hause zu gehen. Ich rief sie heran, sie war ein Stück weit weg. Sie schaute auf und kam heran getrabt, in einem perfekten Schulterherein.
War das Zufall? Ich glaube nicht, sie hat das vorher noch nie gemacht gehabt.

Was mir aber später noch mehr Beweis gegeben hat, dass sie mir einfach so etwas schenken möchte, rein aus Freundschaft, das war etwas ganz anderes.
Ich ließ sie wie üblich damals frei in der Halle laufen und forderte sie zum Toben auf, indem ich sie frei laufen ließ, einfach von ihr hüpfend wegrannte und sie aufforderte mir zu folgen. Das erste mal, als ich das machte, sprintete sie davon bis ans Ende der Halle und schaute sich erstaunt um, so als wenn sie fragen wollte, vor was sind wir jetzt davon gerannt?
Das nächste mal, wußte sie schon, dass sie einfach mal lostoben durfte. Sie rannte los und sprang kreuz und quer durch die Bahn. Buckelte und keilte aus, galoppierte hin und her.
Ich wußte, dass ich das mit ihr machen konnte, weil ich ihren Respekt hatte, sie hätte mich nie überrannt, sondern hielt immer Abstand.
Und dann kam der Tag, als sie von einem Ende der Bahn zum anderen, wo ich stand hergaloppiert kam, vor mir stoppte und mir zwei perfekte Levaden zeigte. Dies war eine Dressurlektion der hohen Schule, die ich mir immer mal gewünscht hatte, aber nie zu träumen gewagt hatte, mir dies so schnell erarbeiten zu können.
Ich bin mir aber sicher, dass dies ein Geschenk meines Pferdes war, dass sie mir zukommen lassen wollte, weil ich versuchte auch ihre Bedürfnisse zu erforschen und zu stillen.

Ich war ja inzwischen zum Rai-Reiten gewechselt, einer Art reines Freizeit- Reiten, die darauf abzielt, der Ranghöhere in der Zweierherde zu sein, die man bildet, wenn man mit einem Pferd zusammen ist um ihm zu signalisieren, dass man als Mensch für die Sicherheit zuständig ist, die sonst das Leittier übernimmt.

Ab diesem Zeitpunkt habe ich nie wieder versucht, bestimmte Dinge zu erarbeiten, sondern habe nur von Tag zu Tag, ihrer Konstitution entsprechend etwas mit ihr gemacht, was einfach möglich war für sie.
Weil ich wußte, dass sie mir freiwillig alles geben würde, was mir Freude macht. Es war seit damals nicht  mehr wichtig für mich, dass sie mich tragen könnte. Viele Freundschaftsbeweise ihrerseits haben mich für das entschädigt, was mit ihr nicht mehr möglich war und was ich damals noch als normalen "Gebrauch" eines Pferdes ansah.
Sie hat mich zu einem anderen Verständnis dessen gebracht, was für Pferde wichtig ist und war mein bester Lehrmeister. Ich habe dabei erfahren, was auch für mich wichtiger ist, als mich tragen zu lassen.

Für mich ist inzwischen der Aufbau einer wahren Freundschaft wichtiger geworden, weil es die wirkliche Harmonie bedeutet, nach der ich auf der Suche war. Ich kann mich gut erinnern, als kleines Mädchen hatte ich den Traum, zu Reiten und eine innere Verbindung zu einem Pferd zu haben, meine Liebe mit ihm zu teilen.

Leider ist dieser Traum etwas in Vergessenheit geraten, als ich in der Reitschule meine Lektionen lernte, Wettbewerbe bestritt, Leistung bringen sollte und auch vom Pferd fordern musste. Natürlich lief es an manchen Tagen nicht so gut und ich hatte auch das Pferd zu bestrafen, wenn es nicht auf den Punkt reagierte.
Ich verdiente mir meine Sporen und hatte auch sogenannte Erfolge. Aber es war anstrengend und manchmal frustrierend, zumindest am Anfang, als ich noch nicht so gut war. Und auch heute sehe ich manchmal in den herkömmlichen Reitschulen Momente, in denen kleine Mädchen weinend aus dem Unterricht kommen, weil es mal wieder nicht gut "funktioniert" hat.

Ich habe inzwischen meinen Traum Wirklichkeit werden lassen können. Ich verfolge keine Wettbewerbe mehr. Auch muss ich am Ende der "Stunde" keine bestimmten Ergebnisse mehr vorweisen.
Der gemeinsame Weg ist für mich das Ziel geworden. Und ich freue mich daran, dass meine Pferde mich grummelnd begrüßen und bin nur traurig, wenn ich sie wieder "weg" stellen muss, um nach Hause zu gehen.

Aber auch hier kann ich nun ruhigen Gewissens gehen, weil ich weiß, sie sind so unter gebracht, dass sie in Pferdegesellschaft bleiben können, wählen dürfen, ob sie draußen stehen oder sich unter ein Dach stellen wollen, Heu fressen können wann immer sie möchten, im Auslauf spielen oder ruhen können auf einer weichen, trockenen Unterlage, wann und wie sie wollen. Auch, wenn es im begrenzten Rahmen ist, denn ein Platzangebot wie in der Natur ist in unseren dicht bewohnten Gegenden kaum zu finden.

So können meine Pferde mir vertrauen, dass ich zu ihrem Wohl handele und können sich geborgen fühlen in ihrem Umfeld. Und ich meine wenigstens, dass es ihnen gut geht und sie zeigen mir jeden Tag wieder, dass sie sich freuen, mich zu sehen, wenn sie mich freudig grummelnd begrüssen kommen.

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