Donnerstag, 13. Oktober 2016

Thema Vertrauensaufbau

Hier steigt ein Fohlen beim Spiel den Herdenchef an, dieser bleibt ganz gelassen.

Wenn wir mit unserem Pferd arbeiten wünschen wir uns, dass es willig unseren Aufforderungen nach kommt.
Einige Horsemanship Trainer lehren uns, dass wir unser Verhalten, unsere Aufforderung nun verstärken müssen, in sogenannten Phasen, bis zum Erfolg der Übung.

Ich habe eine ganz andere Erfahrung gemacht, als die, dass eine Verstärkung immer das Mittel der Wahl ist. Manchmal müsste man da ziemlich grob werden... ob das Pferd nun nicht will, oder nicht kann, können wir meist gerade nicht genau abschätzen.

Ein Beispiel:
Wir fordern das Pferd auf, rückwärts zu laufen. Das Pferd bleibt stehen.
Woran kann das liegen? An vielen verschiedenen Dingen.
1. Das Pferd hat Angst rückwärts zu laufen, weil es nicht abschätzen kann, ob es gefährlich ist. Es sieht uns in dem Moment nicht als ranghöher und vertraut uns nicht.

2. Das Pferd sieht sich selber als ranghoch und sieht einfach keine Veranlassung dazu unserer Aufforderung zu folgen.

Ist im Prinzip ist es das gleiche Resultat, aber einmal aus Angst gehandelt und einmal widersätzlich. Wenn ich nun meine Aktivität verstärke, in dem ich zuerst sanft am Führseil wackele und ihm später das Seil um die Ohren schlage, wobei das ziemlich schmerzhaft sein kann, auch Verletzungen zur Folge haben kann, körperlich oder seelisch, oder eine andere Taktik wähle, die beim Pferd zuerst das Vertrauen aufbaut ist ein ziemlicher Unterschied.

Das heißt, z. B. wenn mein Pferd nicht antreten möchte auf meine Aufforderung hin, bin ich dabei ja erstmal in einer neutralen, wohlwollenden Position am vorderen Ende der Führleine. Ich fordere es auf nach hinten anzutreten und es bleibt stehen.
Werde ich nun grob, reagiert das Pferd aus Angst und Schmerz vielleicht doch noch, verliert aber seine freundliche Zuneigung zu mir, weil es mich als sehr dominant und rabiat kennen lernt, es reagiert nur darauf, dass es gezwungen wird, weil es sozusagen für sein Verhalten auf die ein oder andere Art bestraft wird.

Ändere ich nun mein Verhalten kann ich es auf eine andere Art später nochmal versuchen. Es wird eher noch meine Beziehung stärken und aufbauen, wenn ich (als der Klügere) ihm zuerst mal zu erkennen gebe, dass ich sehr wohl weiß, was ich will, ihm die Sicherheit gebe, ein guter Führer unserer Zweierherde zu sein und es vertrauensvoll und willig meiner Aufforderung nachkommen lassen kann.

Dazu stehen mir verschiedene Mittel zur Verfügung.
Ich beweise ihm mit sehr einfachen Mitteln, dass ich mehr zu sagen habe als das Pferd.
Z. B.
1. mit einer Futterbelohnung. Diese bekommt es erst zu Fressen nach meiner Aufforderung, auch wenn diese in der Herde unter Pferden natürlich nicht praktiziert wird. Aber dafür bin ich eben diejenige, die darauf besteht, ihr Futter zu verteidigen und nur zuzuteilen, wenn ich möchte. Manchmal kann das ein großer Anreiz für ein Pferd sein. Manchmal jedoch kontraproduktiv, falls ein Pferd keinen Respekt gelernt hat, mir gegenüber. Dann muss ich abwägen, ob es besser ist, die Futterbelohnung voerst weg zu lassen, eventuell auch nur vorübergehend und ihm dann später beizubringen, es bekommt Futter, wenn ich das möchte, so wie ein Lob mit Stimme, oder Streicheleinheiten. Ich wähle aber gern die Futterbelohnung in Verbindung mit einer Aufforderung zum Fressen, weil ich dann in meiner Offenstallherde beim Füttern des Mineralfutters täglich keine Rangeleien habe, sondern brav abwartende Pferde. Über Futterlob habe ich auch einen separaten Artikel geschrieben, auf den ich gern hinweise.
2.  ich verhalte mich ranghoch in dem ich schon bei Führen voraus laufe, darauf achte, mich nicht von ihm treiben zu lassen indem ich von ihm verlange, dass es einen gewissen Abstand von mir einhält, oder schicke es am langen Seil voraus und bestimme Tempo und Richtung von hinten
3. ich beginne jeweils mit Veränderungen, wie Fellpflege, Hufe auskratzen usw. das heißt, ich fange an, fasse zuerst das Pferd an, anstatt mich berühren zu lassen, bin immer diejenige, welche etwas initiiert
4. ich lasse seine Hinterhand weichen
5. ich ändere das Tempo beim Führen 
6. ich bestimme, wann wir stehen bleiben
7. ich lobe für bestimmtes Verhalten mit meiner Stimme, Streicheln, oder Futter
usw.
Wenn ich genug Vertrauen aufgebaut habe und den Respekt des Pferdes erlangt habe, muss ich nicht mehr grob werden, sondern das Pferd wird meinen Aufforderungen williger folgen, weil es gelernt hat, dass es sich einer souveränen Führung besser anschließt, da es für sein Leben von Vorteil ist und weniger Stress bedeutet, denn der Herdenchef ist ja auch für seine Sicherheit zuständig. Es wird sich bei mir wohl fühlen und mir freiwillig Folge leisten.

In einer freundschaftlichen Beziehung unter Pferden sind die Rollen auch mal vertauscht. Das heißt z. B. beim Spiel, da darf auch der rangniedrige dann mal zuerst anknabbern, oder ansteigen...
trotzdem ändert das nichts am Respekt des Rangniedrigen, wenn es darauf ankommt. Da muss ich natürlich als Mensch Grenzen setzen, ich bin einfach kein Pferd. Aber als Ranghöhere kann ich ja bestimmen, wie weit ich etwas dulde und wann Schluß ist.

Zu natürlichem Pferdeverhalten kann ich auch einen schönen Videoblog empfehlen von dem Tierfilmer Marc Lubetzki
und einem Video, in dem ein Fohlen von der Mutter aufgefordert wird aufzustehen:
https://www.youtube.com/watch?v=HpGvMagYBIY
Er berichtet in seinen Blogs vom Pferdeverhalten einer Herde von Wildpferden.


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